Die ernsthafte Funkenstrecke
(Thunder and lightning)
Elektrisches Feld im Plattenkondensator
Nach langer Planung, Diskussion, Überlegung und Vorbereitung ist nun auch dieses ernsthafte Gerät mittlerweile Wirklichkeit geworden! Die Funkenstrecke soll als spannungsgesteuerter Hochspannungsschalter der Durchführung ernsthafter Experimente dienen. Funkenstrecken haben einige bemerkenswerte Eigenschaften, die unter Umständen sehr hilfreich sein können, wenn man dementsprechende Versuche vorhat.
Will man bei hohen Spannungen hohe Ströme sehr 'knackig' (hohe Anstiegsgeschwindigkeit des Stromes im Moment des Einschaltens) bei erträglichem, konstruktivem Aufwand schalten, so ist eine gute Funkenstrecke das Gerät der Wahl. Mechanische Schalter wie Relais oder Halbleiter wie Transistoren sind bei solchen Größenordnungen von Strom und Spannung nicht mehr ohne Weiteres einsetzbar.
Dieses Gerät ist trotz seines coolen Aussehens weniger als effektvolles Spaßgerät gedacht (wenigstens nicht ausschließlich ;), diese Konstruktion hat durchaus Sinn und Zweck.
Die Grundkonstruktion besteht aus 10mm starkem Plexiglas (Polystyrol oder Polykarbonat ?) und ist dadurch mechanisch sehr stabil, außerdem ist Plexiglas ein ausgezeichnetet Isolierstoff. Die beiden kugelförmigen Elektroden haben einen Durchmesser vom 30mm und bestehen aus massivem Messing. Angeschlossen werden die Stromleitungen an den M4-Gewinden an den Seiten.
Obwohl man hier auf den ersten Blick bereits sieht, wozu das Gerät gut sein soll und die Konstruktion keinen besonders komplizierten Eindruck macht, so läßt sich doch einiges darüber erzählen. Im Folgenden werde ich auch genau das tun. :)
Die ernsthafte Funkenstrecke
Dieses Foto zeigt die ernsthafte Funkenstrecke mit einer weniger ernsthaften Schieblehre, die zum Größenvergleich daneben liegt. Die Funkenstrecke ist eindeutig ein Teil, das man nur für Hochspannung sinnvoll verwenden kann, also ist der Hochspannungsaufkleber am rechten Rand der Grundplatte durchaus angebracht. Der Aufkleber unten rechts belegt wiederum eindeutig die Ernsthaftigkeit dieses Geräts. ;)
Danksagung ( < zur Übersicht )
Hier möchte ich mehrere große Dankeschöns an die werten Leute aussprechen, ohne deren Hilfe dieses Gerät nicht hätte realisiert werden können. Da ich weder ein guter Mechaniker, noch ein besonders fähiger Konstrukteur bin, haben mir meine guten Freunde geholfen, diesen Apparat Wirklichkeit werden zu lassen.
Ernsthafter Dank geht an die werten Herrschaften:
Thomas Bischof : Als virtuoser Meister von Drehbank und Säge hat er dieses Gerät im Schweiße seines Angesichts in seiner Werkstatt gebaut.
Martin Kloos : Durch seine schönen 3D-Zeichnungen erleichterte er die Konstruktion der Funkenstrecke ungemein. Außerdem wird durch diese Zeichnungen die Dokumentation drastisch verbessert.
Tobias Schneider : Half durch gezielten Einsatz seines Hirnschmalzes die Konstruktion zu überdenken und zu vereinfachen. Außerdem hat er einen bedeutenden Beitrag zur Materialbeschaffung geleistet.
Warum diese Funkenstrecke so aussieht, wie sie aussieht, und welche Theorie und Überlegungen dahinterstecken, wird im Folgenden erklärt.
Elektrisches Feld im Plattenkondensator ( < zur Übersicht )
Bei einer Funkenstrecke liegen sich wie bei einem normalen Luftkondensator zwei Elektroden gegenüber, zwischen denen ein elektrisches Feld herrscht. Der Unterschied zwischen Funkenstrecke und Kondensator liegt darin, daß ein Kondensator nicht durchschlagen soll, die Funkenstrecke hingegen schon, aber eben kontrolliert. Wie also entsteht nun so ein elektrisches Feld?
(Plattenkondensator ohne und mit Spannung. Die blauen Pfeile geben die Richtung des elektrischen Feldes an und die roten Linien sind die "Äquipotentiallinien".)
In diesen Bildern ist je ein Stromkreis mit einem einfachen Plattenkondensator dargestellt. Im linken Bild ist der Schalter noch offen und der Kondensator ist daher noch spannungsfrei. In den leitfähigen Kondensatorplatten befinden sich bewegliche Ladungsträger (Elektronen), die hier als blaue Punkte dargestellt sind. Es existiert kein elektrisches Feld, also verteilen sich diese Ladungsträger gleichmäßig im Leitermaterial der Kondensatorplatten. Es besteht zwischen beiden Platten ein Gleichgewicht der Ladungen, und es liegt keine Spannung an.
Die positiven Atomkerne sind nicht dargestellt, da sie wegen ihrer Einbindung in die Metallstruktur der Kondensatorplatten ortsfest sind und daher hier nicht der Leitung von elektrischem Strom dienen können. Der Einfachkeit halber sind also nur die freien Elektronen abgebildet.
Im rechten Bild ist der Stromkreis geschlossen (Schalter nicht mehr eingezeichnet). Nach dem Schließen des Schalters floß ein kurzer Strompuls durch diesen Stromkreis, welcher den Plattenkondensator auflud. Der Strom floß so lange, bis der Plattenkondensator auf die gleiche Spannung aufgeladen war, wie die Spannungsquelle. Begrenzt wurde dieser Strompuls nur von Leitungs- und Innenwiderständen, die nicht eingezeichnet sind. Durch die an die Platten, bzw. Elektroden, angelegte Spannung entstand ein Ungleichgewicht der Ladungen auf den Platten. Auf die Platte, die an den Minuspol der Spannungsquelle angeschlossen wurde, wurden durch die elektrische Spannung der Quelle zusätzliche Ladungsträger 'hinaufgedrückt', während von der positiven Platte Ladungsträger abgezogen wurden. Durch dieses Ungleichgewicht der Ladungen entsteht ein elektrisches (Kraft-) Feld im Raum zwischen den Platten. In diesem Feld ist die Energie gespeichert, die die Quelle nach dem Schließen des Stromkreises in den Kondensator pumpte. Die Energie steckt wohlgemerkt nicht in den metallischen Platten, die das E-Feld sozusagen nur 'aufspannen', sondern tatsächlich in der Luft zwischen den Platten. Die Luft ist hier das Dielektrikum des Kondensators.
Wichtig ist hier der Verlauf des elektrischen Feldes, denn dieser hängt von der Geometrie, bzw. Form der Elektroden ab. Verwendet man, so wie in diesem Beispiel, plane Platten, die parallel angeordnet sind, bildet sich ein homogenes (gleichförmiges) Feld aus. D.h. egal an welcher Stelle im Feld man die Feldstärke messen würde, es käme immer derselbe Wert heraus. Diese Gleichförmigkeit des Feldes ist in Wirklichkeit ein Spezialfall, der nur bei einer solchen Anordnung von Elektroden (hier: Platten) erreicht wird. Bei Kondensatoren, die auch als solche (und nicht als Funkenstrecke) verwendet werden sollen, ist ein solches homogenes Feld absolut erwünscht, denn nur in einem homogenen E-Feld wird das Dielektrikum (Isolator zwischen den Platten) an jeder Stelle gleich stark beansprucht.
Auch wichtig ist, daß die Ladungsträger aufgrund der elektrostatischen Kraft in Feldrichtung zur positiven Elektrode hin wandern. Auf der Seite der negativen Platte, die der positiven Platte zugewandt ist, sammeln sich besonders viele Ladungsträger. Gleichsam ist auf der positiven Platte die Ladungsträgerdichte auf der Seite, die der negativen Platte zugewandt ist, besonders niedrig.
Würde nun dieser Plattenkondensator auf eine so hohe Spannung aufgeladen werden, daß die Feldstärke in der Luftschicht zwischen den Platten so groß wird, daß die Luft ionisiert wird, so würde der Kondensator durchschlagen. Wenn wir näherungsweise annehmen, daß die Platten keine Ränder haben (wg. Sprühentladungen an den Kanten, aber das kommt später), dann wird es im Raum zwischen den Platten keinen bevorzugten 'Weg' für den Funken geben, und er wird zufällig an irgendeiner Stelle durchschlagen. Bei einem solchen Überschlag entsteht ein leitfähiger Pfad, bestehend aus ionisierter Luft, der Kondensator kann nicht mehr als solcher wirken und leitet den Strom.
Um Verwirrungen zu vermeiden sei noch gesagt, daß die sogenannte "technische" Stromrichtung (von Plus nach Minus) nicht der physikalischen Realität des Ladungsträgertransportes entspricht. Die Ladungsträger, also die Elektronen, bewegen sich in Wirklichkeit von Minus nach Plus. Die technische Stromrichtung wurde historisch festgelegt, als der Mechanismus des Ladungsträgertransportes noch unbekannt war. Da dieser "kleine Unterschied" aber normalerweise in der Technik nicht stört, wurde diese Festlegung nie geändert. Die Richtung des elektrischen Feldes E im rechten Bild wurde gemäß der physikalischen Stromrichtung angegeben. Geht man davon aus, daß das elektrische Feld von den Elektronen erzeugt wird, scheint es auch logisch, genau das zu tun.
Bunte Linien (< zurück zu Hauptüberschrift / Übersicht)
In diesem Bild von oben...
... sind einige bunte Linien zwischen den beiden Kondensatorplatten eingezeichnet. Was es damit auf sich hat, wird im Folgenden erklärt.
Man stelle sich vor, man habe ein Elektron in der Hand und werfe dieses dann in den Raum zwischen den beiden Kondensatorplatten. Das Elektron würde wegen seiner negativen Ladung von der negativen Platte abgestoßen und von der positiven Platte angezogen werden. In diesem Beispiel würde es also geradewegs von links nach rechts fliegen, und damit genau der Richtung folgen, die von den blauen Pfeilen angegeben wird. Die blauen "E" - Pfeile geben also die Richtung der Kraftwirkung auf Elektronen in diesem elektrischen Feld an.
Die elektrische Feldstärke E wird übrigens in der Einheit "Volt pro Meter" angegeben. Angenommen, an dem Kondensator läge eine Spannung von 10 Volt an, und die Platten wären einen Meter weit auseinander, dann hätten wir eine Feldstärke von 10 V/m. Richtig simpel, was? Wenn das Dielektrikum im Kondensator "ein kleines bißchen" leitfähig wäre, könnte man diese Feldstärke auch direkt messen. Würde man in diesem Fall den Minuspol eines Voltmeters an die negative Platten anschließen und mit dem positiven Anschluß entlang der Feldrichtung wandern, würde man feststellen, daß die angezeigte Spannung immer größer wird, je mehr man sich der positiven Platte annähert, und je mehr man sich von der negativen Platte entfernt. In diesem Beispiel könnte man also die Feldstärke mit Voltmeter und Meterstab messen.
Es gibt übrigens Meßgeräte wie "Flammensonden" (eine Flamme wirkt ionisierend und macht dadurch die Luft leitfähig) und "Feldplatten" (leitfähige Platten werden in das E-Feld eingefügt und sammeln Ladungen ein. Die "eingesammelte Spannung" kann dann mit einem elektrostatischen Meßgerät, wie einem Elektroskop, angezeigt werden)
Die roten Linien in obigem Bild sind "Äquipotentiallinien". (Bitte nicht erschrecken vor diesem wilden Wort ;) Ein elektrisches Potential ist nichts anderes als eine elektrische Spannung zwischen zwei Elektroden. Üblicherweise verwendet man "Masse", bzw. "Minus" als Bezugspunkt für die Angabe eines Potentials. Klemmen wir also unser Voltmeter wieder mit dem negativen Anschluß (Gnd, bzw. COMmon) an die negative Platte... Fährt man jetzt mit der positiven Elektrode des Voltmeters entlang einer der roten Linien, so wird man immer dieselbe Spannung messen. Das Potential entlang dieser Linien ist äquivalent, daher kommt der Begriff der Äquipotentiallinien.
- Die (roten) Äquipotentiallinien stehen immer senkrecht auf den (blauen) Feldlinien.
- Die Feldlinien stehen immer senkrecht auf der Oberfläche der Elektroden (hier: Platten)
Geometrie der Elektroden ( < zur Übersicht
Anmerkung zu Beginn dieses Kapitels:
Die Zeichnungen in diesem Kapitel mußten wegen diverser Unzulänglichkeiten meines Grafikprogramms ungenau und improvisiert bleiben. Es war auch so schon genug Arbeit. :p Ich bitte, diese grafischen Unzulänglichkeiten zu entschuldigen.
Oben war zu sehen, wie das E-Feld in einem Kondensator mit parallelen und planen Platten aussieht. Wie sieht die Sache nun aus, wenn die Elektroden keine solchen Platten sind? Geben wir doch einfach mal einer der beiden Elektroden eine dreieckige Form...
Dreieckstrecke
... und schon sieht die Sache ganz anders aus. :o
Hier drängeln sich die Elektronen geradezu an der Spitze der dreieckigen Elektrode, während auf der gegenüberliegenden Seite kaum mehr "freie" Elektronen zu finden sind. Im obigen Plattenkondensator gab es keine Spitzen, also verteilten sich die Elektronen gleichmäßig über die Fläche. Die Elektronen werden von der Kraft des elektrischen Feldes in Richtung zur positiven Elektrode hingezogen. An der Spitze ist die Anziehung durch die positive Elektrode maximal, also drängen sich hier die Ladungsträger. Das elektrische Feld geht von den Elektronen und den Protonen aus. Die Protonen sitzen zwar ortsfest in den Atomkernen fest, aber da diese (in der positiven Elektrode) Elektronen verloren haben, wirkt sich ihre Ladung aus. So wird wird also die Feldstärke an den Spitzen maximal. Wandert man von der Spitze aus nach links, oben oder unten, werden die Ladungsträger immer weniger (Ladungsträgerdichte sinkt), weil an diesen Orten die Anziehung durch die positive Platte immer schwächer wird. Die Dicke der gezeichneten Pfeile soll die Stärke des E-Feldes an den jeweiligen Orten symbolisieren. Wandert man entlang einer der dicken Linien eine bestimmte Strecke weit, "sammelt" man damit mehr Spannung ein, als man das auf einer der dünneren Linien könnte.
Die Äquipotentiallinien dicker zu zeichnen ergäbe keinen Sinn, da diese ja nicht "stärker" werden können... das Potential entlang dieser Linien ist schließlich immer gleich. Die Äquipotentiallinien werden hier nicht dicker, sie werden dichter! Im Raum zwischen der Spitze auf der linken Seite und der Platte auf der rechten Seite "drängeln" sich nämlich diese Linien.
Treiben wir das mit den Spitzen doch auf die Spitze und nehmen wir gleich zwei davon. Dann bekommen wir folgendes Bild:
Doppeldreieckstrecke
Hier sind die Verhältnisse noch krasser als bei der Feldstrecke mit nur einer dreieckigen Elektrode. Es fällt nicht schwer, auf Anhieb zu sagen, an welcher Stelle wohl der Funke überspringen wird. Die Gründe sind jetzt klar - Im Raum zwischen den beiden Spitzen ist die Feldstärke maximal und die Äquipotentiallinien drängen sich hier am Dichtesten.
Dreht man nun die Spannung an den Elektroden immer weiter auf, so wird die Feldstärke irgenwann so hoch sein, daß den Gasmolekülen in der Luft durch die starke elektrostatische Kraft Elektronen entrissen werden, die Luft wird ionisiert. Diese Elektronen sind dann nicht mehr an die Gasatome gebunden und können sich bewegen. So haben wir auf einmal negative Ladungsträger in der Luftstrecke zwischen den Elektroden. Die Atome, denen die Elektronen entrissen wurden, sind nun nicht mehr elektrisch neutral. Da diesen Atomen ja ein Elektron fehlt, macht sich bei ihnen nun die positive Ladung des Atomkerns bemerkbar. Ihre Ladung ist jetzt nicht mehr durch eine "volle" Elektronenhülle ausgeglichen, wodurch diese Atome jetzt positiv geladen sind. Durch diese Ladung sind nun auch die Atome durch das elektrische Feld beeinflußbar.
3D-Zeichnung der ernsthaften Funkenstrecke
Vorläufige Zeichnungen:
3D-Zeichung des ersten Entwurfs
Konstruktionszeichnung der Grundplatte
Konstruktionszeichnung einer Kugelelektrode
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